Hyperbaustelle: Frau Borrmann, Sie sind für die Corporate Social Responsibility (CSR) von 2aid.org verantwortlich. Was sind Ihre Aufgaben?
Borrmann: Eine genaue Aufgabenteilung gibt es bei uns eigentlich noch nicht. Für 2aid.org besuche ich hier in Berlin unter anderem Veranstaltungen, mache ein wenig Pressearbeit und suche zudem Sponsoren. Am vergangenen Freitag war ich beispielsweise auf dem Fundrasing Camp in Berlin und habe eine Session gehalten. Wenn sich bei diesen Gelegenheiten Kontakte zu Menschen ergeben, die sich für 2aid.org interessieren, werden sie von mir angesprochen, ob sie nicht mitmachen wollen.
Wie sind Sie zu 2aid.org gekommen?
Ich wollte mich engagieren. 2aid.org hat Engagierte gesucht. Mir hat die offene Art gefallen, wie bei Twitter und Facebook potenzielle Freiwillige angesprochen wurden: »Jeder ist willkommen, sich auf seine Art einzubringen«.
Haben Sie vorher anders über Armut in Afrika gedacht?
Ich habe Politikwissenschaften studiert, ein bisschen Hintergrundwissen über Entwicklungspolitik bringe ich demnach mit. Meine Auffassung hat sich daher auch nicht sonderlich geändert: Bei Armut geht es in erster Linie um fehlende Verteilungsgerechtigkeit und Chancenlosigkeit.
Arbeiten Sie ausschließlich ehrenamtlich? Wer finanziert Ihre Ausgaben?
Ich bin, wie das gesamte 2aid.org-Team, eine engagierte Ehrenamtlerin. Wir haben keine Ausgaben – 2aid.org hat als Organisation im Prinzip eine kostenlose Infrastruktur im Netz. Die Gestaltung der Homepage zum Beispiel ist Freiwilligenarbeit, die Flüge nach Uganda werden von den Teammitgliedern selbst finanziert.
Was ist das Besondere am Fundraising-Konzept von 2aid.org?
Wir von 2aid.org sind keine Fundraising-Profis. Wir bekommen zwar hilfreiche Tipps und Ratschläge von erfahrenen Experten, dennoch gilt das Prinzip „learning by doing“. 2aid.org probiert und ergreift die Möglichkeiten, die sich im Netz bieten, seien es Spenden-SMS oder Spendenplattformen wie betterplace. Hinzu kommt, dass wir über unsere Communities bei Twitter und Facebook eine Beziehung zu unseren Spendern aufbauen und sie über die Fortschritte jedes Projektes auf dem Laufenden halten wollen. Mich hat diese Methodik von Anbeginn fasziniert. Wie es bei 2aid.org so schön heißt: „… mit dem Web 2.0 steht einem die Welt offen …“ Ich sehe noch sehr viel Potenzial, sich zu vernetzen und mit anderen Organisationen und Inititiativen zu kollaborieren, und das über alle Grenzen hinweg.
Gab es Vorbilder?
Nicht direkt. Eine gewisse Ähnlichkeit zu prominenten Non-Profit-Akteuren aus dem US-amerikanischen Raum lässt sich nicht leugnen. Für mich persönlich ist »Charity Water« das beste Vorbild für die gesamte Non-Profit-Welt – eine sehr, sehr gut gemachte Kampagne mit einem sehr schönen Design und mit neuen Ideen für Fundraising und Spenderanspache.
Wie hat man sich das Zusammenspiel im gesamten Team vorzustellen? Berater, Advisory Board, Aktive, jugendliche Freiwillige?
2aid.org hat man sich als ein Netzwerk aus festen Teammitglieder, Experten und Unterstützern vorzustellen. Da sämtliche Mitarbeiter von 2aid.org über Deutschland verstreut sind, kommunizieren wir regelmäßig über die gängigen Kommunikationskanäle im Netz. Experten und Advisory Board unterstützen uns punktuell zu bestimmten Fragestellungen. Und Freiwillige können sich über Twitter und Facebook untereinander und mit uns vernetzen.
Sie waren für 2aid.org auf der Utopia-Konferenz. Wie war Ihr Eindruck vom Umfeld?
2aid.org hatte mit einem Beitrag bei den Videohelden mitgemacht und wurde dafür eingeladen. Ich habe Anna Vikky, Initatiorin von 2aid.org, vertreten und mich gefreut, dabei zu sein. Es war eine spannende Veranstaltung mit vielen interessanten Teilnehmern. Besonders aufgefallen ist mir das deutsche Wasserprojekt »Trinkwasserwald« – ein Verein, der durch die Wiederaufforstung von Mischwäldern versucht, die Trinkwassersituation in Deutschland zu verbessern.
Durch die Finanzkrise bedingt war der Grundtonus der Konferenz recht kritisch. Alles in allem lässt sich die Veranstaltung wohl als kritische Selbstreflexion des eigenen Konsumverhaltens beschreiben. Angesichts dieser Haltung, stellte ich mir die Frage: Reicht es aus, den Konsum auf ökologisch-ethisch korrekte Güter umzustellen, um eine gesellschaftliche Veränderung zu bewirken? Vermutlich nicht …
Wer sind die Sponsoren von 2aid.org und was spenden sie?
Abgesehen von dem Preisgeld aus einem regionalen Wettbewerb und dem Erlös einer Charityauktion erhält 2aid.org hauptsächlich Kleinstspenden im Bereich von einem bis 50 Euro. Darüber hinaus konnten wir das junge Internet-Start-Up Allmytea überzeugen, uns in Form einer Kooperation zu unterstützen.
Die Brunnen in Uganda … wie kam es zu diesem Projekt und der Fokussierung auf die Wasserproblematik?
Anna Vikky hatte 2aid.org mit dem Ziel der Armutsbekämpfung gegründet. Die Schwerpunktsetzung erfolgte in einer ersten Twitterabstimmung, bei der die Follower darüber entscheiden konnten, in welchem Bereich sich 2aid.org engagieren sollte. Zur Auswahl standen „Wasser“, „Umwelt“, „Bildung“ und „Hunger“. Nachdem sich die Mehrheit für das Thema Wasser entschieden hatte, konnte über das Internet eine US-amerikanische NGO als Kooperationspartner gewonnen werden, die in Uganda die entsprechenden Kontakte herstellte. Der erste Brunnen wird in Kürze (im Februar) gebaut. Über neue Projekte wird derzeit per Twitpoll abgestimmt. Das Thema Wasser werden wir vorerst beibehalten.
Ist jemand von euch vor Ort, um den Projektverlauf zu kontrollieren und Transparenz für die Spender zu schaffen?
Wir organisieren unsere Projekte und Partner zwar über das Netz, nichtsdestotrotz brauchen wir ein „Offline-Feedback“ über Verlauf und Abschluss eines Projektes. Anna und der für das Marketing verantwortliche Falco Peters werden in Uganda vor Ort sein und den Bau des Brunnens dokumentieren. Darüber informieren wir unsere Förderer und Unterstützer – natürlich über unsere Social-Media-Kanäle, Twitter und Facebook, und unseren Blog auf 2aid.org. Es darf sich im Übrigen jeder ermuntert fühlen, zu unseren Projektorten zu fahren und sich selbst ein Bild zu machen.
Was sind die mittel- und langfristigen Ziele?
Wir wollen erstmal unser erstes Projekt abschließen und uns dann im Anschluss noch einmal besinnen, wie wir 2aid.org weiter nach vorn bringen können.
»Die Vision ist Hoffnung. Und Hoffnung ist Wirklichkeit,« kann man auf Ihrer Website lesen. Ist die Utopie von 2aid.org auch Ihre persönliche Utopie?
Ja, in gewisser Weise. Auch ich bin vom Potenzial des Internets fasziniert, weil Egalität und Kollaboration noch zu seinen Stärken zählen. Ich hoffe, diese Ideale werden im Netz überleben. Kollaboration statt Konkurrenz ist die Devise bei 2aid.org und auch mein persönliches Ziel. Wir scheuen beispielsweise nicht davor zurück, andere NGOs und deren Projekte zu promoten, auch wenn hierdurch möglicherweise Spender verlorengehen. Außerdem vernetzt von zuhause arbeiten, flexibel und zeitunabhängig, das ist eine Form von Freiheit und sicherlich damit auch ein Modell, welches in Zukunft weiter Bedeutung gewinnen wird.
« Geräuscharme Hirne – So viel Anfang im Januar »
[…] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Katarina Peranic, 2AID.org e.V. i.G., Alexa Gröner, urb, urb und anderen erwähnt. urb sagte: 2aid.org – Twittern gegen Armut – Gespräch auf der Hyperbaustelle über Web 2.0-Charity #Utopie http://tinyurl.com/y8s4znv […]
Pingback: Tweets die Hyperbaustelle » 2aid.org – Twittern gegen Armut | Utopie-Blog erwähnt -- Topsy.com – 31. Januar 2010 @ 23:10
[…] Kleinstspenden wird Uganda mit Brunnen versorgt, die das Überleben vieler Menschen sichern. Das Gespräch mit der 2aid-Mitarbeiterin Petra Borrmann gab Einblick, wie diese erst im Juli vergangenen Jahres gegründete Organisation arbeitet und ihrer […]
Pingback: Hyperbaustelle » So viel Anfang im Januar | Utopie-Blog – 02. Februar 2010 @ 01:19
Hey super Blog! Weiter so 🙂
Comment: Schell – 13. April 2010 @ 15:02
[…] 8. 2aid.org – Twittern gegen Armut […]
Pingback: Hyperbaustelle » Top 10 – August 2010 | Utopie-Blog – 07. September 2010 @ 16:19