Herr S. hat einiges nicht richtig verdaut und ist auch sonst nicht richtig helle. Weil er so wenig verstanden wird, versucht er den schwarzen Peter weiterzuschieben. In guter alter Tradition an Menschen mit etwas dunklerem Teint. Und dort macht er, wieder nach Art der guten alten Zeit und seiner verschobenen Selbstbezüglichkeit, ein Gen aus, das für besondere Dummheit verantwortlich ist. Herr S. hat unser Mitleid, weil er so wenig integriert ist, weder in einer politischen Partei noch in seinem Bundesdingsverein mit unklarer Funktion.
Und dann bedauern wir die armen Eliten, die trotz der ach so missverstandenen FDP, so wenig in der Gesellschaft Fuß fassen konnten. All diese Ausgestoßenen rings um uns herum belasten uns: Moslems und pädophile Priester, Geisteswissenschaftler und Beamtenstatusverlierer, HartzIVler und Peter Hartz, Ein-Euro-Jobber und Superreiche, die immer nur wegen ihres Geldes wahrgenommen werden, schnief, Leute 50 plus und 50 minus, gesetzlich Krankenversicherte und privat Krankenversicherte, Börsenzocker und Binnennachfragebremser, schwierige Jugendliche und hedonistische Rentner, magersüchtige Top-Models und übergewichtige Faulenzer, Politiker und Drogensüchtige, Umweltschützer und Umweltverpester, Nachdenkliche und Autopiloten. Wer ist eigentlich wir?
Wir, das sind vielleicht die vor ihren Fernsehgeräten einsam Sitzenden, in unseren Büroräumen und Integrationskursen mit niemanden Sprechenden, im Internet soziale Bookmarks und Shoping-Cookies Sammelnden. Wer so getrennt voneinander ist, braucht klare Kriterien, was jemanden auszeichnet, der dazugehört, und was den, welcher nicht. Religionszugehörigkeit ist da doch schon mal prima. Landesgrenze auch nicht schlecht. Turnvater Jahn, sei gegrüßt im Grabe, schlugst du doch einen Wüstenring mit wilden Tieren um Deutschland vor, um es vor Überfremdung zu schützen.
Uns gegenüber fühlt sich jeder Türke in seiner Familie und im Futbol-Klub bis zum Anschlag eingebunden. Vielleicht sollten wir abends mal dorthin gehen und um Einlass betteln. Damit wir endlich einmal wissen, was Integriertsein bedeutet. Dass wir die Sprache nicht sprechen, sähe man uns höchstwahrscheinlich auch noch nach, einen Multiple-Choice-Test müssten wir nicht fürchten. Kann sein, dass uns die Frage nach alkoholischen Getränken übelgenommen würde. Tja, das hat ein bisschen Day-after-Tomorrow-Geschmack, oder? Ich meine, als die US-Amerikaner nach der Klimakatastrophe vor der mexikanischen Grenze Schlange stehen …
Haben Sie’s gemerkt? Es ist unmöglich von Integration zu sprechen in einem Land, das konsequent Desintegrations- und Klientelpolitik betreibt.
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[…] seinem Utopie-Blog. Werde mich auch noch zu Wort melden mit anderem Fokus, aber urb liefert schon mal eine […]
Pingback: Gutes Sarrazin-Bashing bei urb at PNEW – 09. November 2010 @ 11:44
Harte Polemik! Es wird eben immer nach unten durchgeschoben. Und die Moslems geben gerade ein fantastische Zielscheibe ab. Tatsächlich sollte man sich klarmachen, dass die die Politik wieder alles dafür tut, zu spalten. Gruß Paul
Comment: paul – 10. November 2010 @ 14:57
Ein schönes Beispiel von Robert Misik aus Österreich, das in dieselbe Richtung zielt:
http://www.misik.at/sonstige/wie-man-die-mittelschicht-gegen-auslanderkinder-aufhetzt.php
Comment: vip – 16. November 2010 @ 16:20
[…] mit ihren geheiligten Selbstverleumdungsstrategien erbosten mich ebenso wie die Integrationsdiskussion rund um Herrn S. Als Fan von Stefan Pigors kreativen Erregungen habe ich mich zudem geoutet. […]
Pingback: Hyperbaustelle » Herbstwandel | Utopie-Blog – 01. Dezember 2010 @ 16:59