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2111 – Ketzer wie aus dem Schulbuch

nov, 9. Februar 2111

Heute wäre ein großer Ketzer des 20. Jahrhunderts 180 geworden. Er hatte das damalige Österreich als die Eiterbeule Europas bezeichnet, das ihn nach seinem Tod feierte und appetitlich als Tourismus-Sensation herrichtete. Tote beißen eben nicht mehr und übergeben sich nicht mehr verbal bei jedem erdenklichen Anlass. Aber Thomas Bernhard war ein Kotzbrocken aus Überzeugung, weswegen man ihm, mehr noch als durch die von ihm beschriebenen Preisverleihungen, durch seine posthume Ver(k)ehrung auf den Kopf gemacht hat.

Heute ist der damalige Skandalautor in allen gängigen Schulmedien zu finden. Er wird als Beispiel herangezogen, wie schlimm es in unserer Geschichte zuging, mit welchen faschistoiden Redensarten man sich gesellschaftlichen Zwängen widersetzen musste. Wie überschwenglich und relativierend mit dem Tod umgegangen werden musste, um als Individuum bestehen zu können.

To be continued …

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Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 09. Februar 2011 um 11:06 Uhr von nov veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Tagebuch 2115 abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen. Du hast die Möglichkeit einen Kommentar zu hinterlassen, oder einen Trackback von deinem Weblog zu senden.

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3 Comments »

  1. Danke im Übrigen für den Tipp: Das Jubiläum auf http://www.literaturkritik.de finde ich wirklich gut. Da gibt es einige sehr interessante Aspekte über Thomas Bernhard zu erfahren.

    Willi Huntemann schreibt zum „Schulbuchautor Bernhard“: „Nur eines ist Bernhard nicht geworden: ein Schulautor. Warum? Daniel Kehlmann, der aus seiner Bernhard-Abneigung keinen Hehl macht, hat einmal in einem Gespräch mit Sebastian Kleinschmidt geäußert, Bernhard sei nur ein Spötter und Schmäher, aber kein Satiriker – und damit auch kein humanistischer Erzähler von Format. Er hat recht, wenn man sich den prägnanten, weithin in Vergessenheit geratenen Sinn von Satire bewusst macht, wonach zum satirischen Angriff auch die Indirektheit und die Normbindung der Kritik gehören, was beides hier nicht gegeben ist. „

    Comment: paul – 11. Februar 2011 @ 09:34

  2. Der Schulbuchautor Bernhard ist tatsächlich eine kaum vorstellbare Vorstellung. Die oben beschriebene Form von Satire hat eine Rückbindung in ein moralisches, meist humanistisches Denksystem und ist in diesem Sinne jugendfrei. Bei Bernhard ist das nicht gegeben. Er ist weitaus exzentrischer, und seine Alter Ego machen in der Kritik vor sich selbst nicht halt. Bernhard ekelt es zum Beispiel vor sich selbst, weil er literarische Preise angenommen hat. Sobald er Anteil am Literaturbetrieb hatte, geriet auch er sich selbst in die Schusslinie. Solche „Auslöschungsfiguren“ eignen sich nur schlecht für eine Schullektüre, auch wenn sie sehr viel glaubwürdiger sind als das hohe Ross bürgerlicher Doppelmoral.

    Comment: urb – 28. Februar 2011 @ 10:26

  3. […] der Zukunft ereilt uns die Nachricht, dass der Skandaldramatiker Thomas Bernhard zum Schulbuchautor geworden ist. Die Menschen werden im Rahmen der Digitalisierung der nächsten […]

    Pingback: Hyperbaustelle » Über den Winter gekommen? | Utopie-Blog – 05. April 2011 @ 15:28

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