Irgendwie kommt das Bürgergeld, die Grundsicherung oder die solidarischen, grünen und bedingungslosen Grundeinkommen einfach nicht aus der Schublade, obwohl sie jede politische Richtung auf dem Plan hat. Ronald Blaschke von den Linken hat eine interessante Synopse der Modelle zu Grundeinkommen und Grundsicherung erstellt und gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Konzepte.
Die folgende Beispielrechnung stammt von der Projektgruppe Grundeinkommen der Rhein-Erft-SPD und dürfte nach den Bürgergeldern eines der konservativsten Modelle darstellen. Aber der Ansatz mit der negativen Einkommensteuer entbehrt nicht eines gewissen Charmes. Er nimmt meines Erachtens jeden Zweifel an einer Realisierbarkeit des BGE. Mehr noch: Er zeigt, wie fahrlässig es ist, mit dem alten System weiter zu fahren, obwohl die Lösung auf der Hand liegt. Es wird sich erweisen, wie mündig unsere Politiker sind. Oder ob sie mehr Druck von den Lobbys oder aus der Bevölkerung kriegen.
Annahmen:
1. Fall: brutto 2.000 Euro
2. Fall: brutto 4.000 Euro
3. Fall: brutto 1.000 Euro
Vorteile:
Folgende Sozialleistungen würden ersetzt werden können:
Quelle (Nennung entgegen von höchster Stelle praktizierter Tendenzen):
Lest auch:
Ronald Blaschke: Aktuelle Ansätze und Modelle von Grundsicherungen und Grundeinkommen in Deutschland. Vergleichende Darstellung (aktualisierte Fassung, Oktober 2010)
Der Freitag (Blog von Red Bavarian): Das BGE als Emanzipation
Interview mit Susanne Wiest auf der Hyperbaustelle
« Sechssaitige Rockrevolte – Hackertethik und schöne Utopie »
Sehr schön wie hier die Sozialleistungen aufgelistet sind, die von einer Negativen Einkommensteuer (Grundeinkommen) abgelöst werden könnten (!). Dennoch halte ich dieses Modell höchstens als Gedanken-Brücke hin zum Verständnis des Bedingungslosen Grundeinkommens ohne staatliche Einkommens-Überwachung/-Kontrolle für geeignet. Es bedarf eben für manch Einen noch einige gedankliche Umwege und „Eselsbrücken“, um zur Erkenntnis der besten Lösung zu gelangen.
Meine Kritik an der Negativen Einkommensteuer:
In dem hier vorgestellten Modell kontrolliert der Staat über die Finanzämtern, wie viel ein jeder verdient. Jeder müsste sich rechtfertigen, wenn er weniger verdient, und ein Anspruch auf die ’negative Einkommenssteuer‘ kommt erst nach einer Steuererklärung zustande, wenn sie nicht bereits bei regelmäßigen Einnahmen über Steuerkarte abgerechnet würde. Aber auch da würde sie bei einem Einkommensanstieg in der Jahresmitte womöglich wieder verloren gehen. Sprich Lohnsteuerjahresausgleich, welches auch angefochten werden könnte und womöglich sogar eingeklagt werden müsste. Das zieht einen enormen Verwaltungsaufwand nach sich und bedeutet im Grunde nur die Verlagerung der AlG.II/HartzIV-Arges hinein in die Finanzämter. Eben nicht die volle Einsparung wie in der oben aufgeführten Liste.
Bei einem Bedingungslosem Grundeinkommen geht es dem Staat erstmals im Prinzip gar nichts an, was der einzelne Bürger verdient, wodurch enorme Kosteneinsparungspotenziale freigesetzt werden, etwa im Bereich Lohnbuchhaltung, Lohnsteuerabrechnung etc. (arme Steuerberater! aber die bekommen dann ja auch das Grundeinkommen). Die Steuern sollen dennoch erhoben werden, aber an der Stelle, wo sich jeder etwas für sich privat entnimmt, beim Konsum. Die ganzen Finanzämter, die sich dann nicht mehr mit dem Einkommen eines jeden Bürgers zu beschäftigen haben, werden ihre volle Aufmerksamkeit dieser einen Steuer, der Umsatzsteuer, widmen. Die Kontrolle auf ‚Schwarzarbeit‘ im herkömmlichen Sinne würde entfallen, das gibt es ganz einfach nicht mehr (auch ein Plus an Gerechtigkeit). Selbstverständlich würde der Kontrollaufwand verlagert weg vom einzelnen Bürger und was er denn so verdient, hin zur Kontrolle, ob die Umsatzsteuer auch wirklich überall in Rechnung gestellt, verbucht (und natürlich auch abgeführt) wird und keine ‚Schwarz-(Privat)-Entnahmen“ stattfinden. Das Gleiche wird auch heute schon überwacht, aber bei der höheren Gewichtung der Umsatzsteuer am Gesamtsteueraufkommen wird natürlich die Verlockung, diese zu hinter-ziehen, proportional größer. Alles in allem wird aber weniger im privatem Bereich ‚geschnüffelt‘ und die Steuerschlupflöcher und Steuersparmodelle, wie sie beim jetzigem System nur den Vermögenden, Gewieften, ‚Schlauen‘ zur Verfügung stehen, die dadurch trotz ihrer Stellung an der Spitze der Vermögens-/Einkommens-Pyramide praktisch keine Steuern mehr bezahlen würden, entfallen und die Steuerlast würde ehrlicher verteilt auf ALLE!
Soviel erst mal zum SPD-Modell aus meiner Sicht
Comment: ernolf – 23. Februar 2011 @ 13:53
Wie du sagst, Ernolf, das Modell sollte als eine Art Brücke funktionieren und zeigen, wie leicht man ans andere Ufer gelangen kann bzw. dass die Finanzierung auch aus der Perspektive des aktuellen Systems möglich wäre.
Was du über den Verwaltungsaufwand bei der Durchführung der negativen Einkommensteuer schreibst, ist einleuchtend, auch die Einfachheit der Konsumsteuer ist nachvollziehbar. Gerecht wäre sie aber auch nur, wenn jeder in etwa ähnlich verdienen würde. Ansonsten könnten leicht die ins Hintertreffen geraten, die aus sozialen Notlagen heraus (siehe Kindserziehung aus deinem Fallbeispiel im anderen Artikel) nur das BGE beziehen und darüber hinaus nichts hinzuverdienen können. Dann wäre es eine Frage des Gesamtproporzes und der Preisentwicklung, was man mit dem BGE bestreiten könnte.
Comment: urb – 24. Februar 2011 @ 14:55