Eine kollaborative Ära wird während der nächsten 40 Jahre entstehen – das klingt wunderbar. Eine positive Setzung, statt der vielen Dystopien und Barbarei-Szenarien, mit denen wir fast täglich konfrontiert werden. Europa wird dabei von einem Amerikaner ins Zentrum gesetzt. Die deutsche Wirtschaftsweise wird als beispielhaft ausgewiesen, im Video oben fast übertrieben angepriesen.
Jeremy Rifkin beschreibt, wie Erhard Epler richtig in der FAZ formuliert, eine konkrete Utopie. Eine, die auf einem System dezentraler erneuerbarer Energien fußt, das der 2010 verstorbene Hermann Scheer so hartnäckig vertreten hatte. Und eine die mithilfe dezentraler Kommunikation, wie sie sich im Internet ausgebildet hat, umgesetzt werden kann. Weil durch diese Kommunikationsform ein neuer Geist Einzug gehalten hat, einer, der durch ein Miteinander geprägt ist, alte Hierarchien und Konkurrenzkriege (wie den um Öl) hinter sich lässt.
Wird jedes Haus zum Mikrokraftwerk und teilen wir unser Wissen im Cyberspace, kann es auch zu einer umfassenden Partnerschaft zwischen Wirtschaft, Staat und Zivilgesellschaft kommen. Genau dieses Dreigespann scheint momentan aber so stark auseinanderzudriften, dass es kaum mehr erträglich ist. Wir sind in Kasten eingeteilt, die sich gegenseitig misstrauisch bekämpfen: Politiker, Energieversorger, Verbraucher, Atomkraftgegner und Piraten.
Rifkin setzt mit „Die dritte industrielle Revolution“ seine Gedankenlinien aus „Die empathische Zivilisation“ und „Der europäische Traum“ fort und verknüpft sie miteinander. Nicht nur seine „Narrative“ machen Hoffnung, sondern auch seine Person selbst. Rifkin hatte als Berater von diversen Regierungen Zugang zu Wissen, das er nur für seinen persönlichen Machtaufbau hätte nutzen können. Stattdessen deckt er Misstände auf und kann uns im Detail erklären, was falsch gewickelt ist. Für einen Amerikaner ist sein Gedankengut geradezu revolutionär, weshalb er sich mittlerweile als Außenseiter im eigenen Land fühlt.
Jeremy Rifkin:
„Die dritte industrielle Revolution“. Die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
Campus Verlag, 2011
304 S., 24,99 Euro
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Von Kollaboration sagt er aber bedauerlich wenig in dem Interview …
Ich hege auch einen gewissen Glauben, dass wir uns in ein kollabroatives Zeitalter bewegen, aber zumindest hier sagt Rifkin dazu kaum etwas fassbares. Hast Du sein Buch gelesen, steht da mehr dazu?
Comment: Thorsten Roggendorf – 16. Februar 2012 @ 23:32
Doch, doch, im Buch schreibt er dezitiert von der dritten industriellen Revolution als Beginn einer kollaborativen Ära. Die bisherige Wirtschaftsgeschichte sei von Betriebsamkeit gekennzeichnet gewesen, nach der Revolution, die man sich eher wie einen langsam verlaufenden Änderungsprozess vorstellen muss, ist sie von Geist der Kollaboration bestimmt. Er reiht ja auch schon in der „empathischen Zivilsation“ Beispiel an Beispiel für kollaborative Momente in der Geschichte.
Comment: urb – 18. Februar 2012 @ 22:39