Neuer Mensch, o werde! Ein flehender Wunsch der Expressionisten kurz vor der Zeitenwende und dem Absturz ins Chaos des 1. Weltkriegs. Ganz andere neue Menschen geistern über die TV-Bildschirme und bescherten den Zuschauern die weltweit bislang erfolgreichste US-Serie: The Walking Dead. Die groteske Dystopie fragt nicht mehr nach dem neuen Menschen, sondern danach, wie man in der Barbarei Mensch bleiben kann. Eine utopische Bankrotterklärung?
Eine kleine Verbeugung vor Mario Sixtus, nachdem ich mir sein übermorgen.tv endlich genauer angeschaut habe. Die Perspektive auf das Netz, die Sixtus in die Zukunft hochrechnet und satirisch überhöht, lässt Gefahren und Hoffnungen gegenwärtiger Trends erkennen. Nicht selten werden neue, aus ihnen resultierende Krankheiten beschrieben. Was beispielsweise, wenn man nur noch in Livestreams anderer existiert? Wenn uns künftig Robot-Content überschwemmt? Oder wenn man für Anonymität im Netz bezahlen muss?
Michael Haneke schafft in seinen Filmen konsequente Antiutopien: Er zeigt, wie es eigentlich nicht sein dürfte. Warum haben seine beängstigenden Negativbilder trotzdem eine positive Wirkung? Weil der Zuschauer nicht dramatisch überrumpelt, sondern einbezogen wird, entsteht das Gefühl, dass Missstände zu erkennen und deshalb unter Umständen zu ändern sind.
Philip K. Dicks Werk ist von einer zentralen Gedankenfigur beherrscht: der Überlagerung. Unsere Wahrnehmungen überlagern sich auf verschiedenen Schirmen und zeigen, wie wenig integer unsere gängigen Realitätsschichten sind, dass wir permanent manipuliert werden und dass sich das Eine besonders im Anderen versteckt.
Wie schön waren die Pionierzeiten des Computerspiels! Und wie schön ist es, dass manche dieser Spiele dank der Animationskunst von Guillaume Reymond neu „besetzt“ werden konnten. Seine menschlichen Tetrisblöcke durften selbst entscheiden, wo und wie sie sich platzieren. Und Zeit dafür hatten sie auch, von Bild zu Bild, von Sitz zu Sitz.
Ein Mann bewegt sich in einer Steppenlandschaft auf eine Felsgruppe zu. Er verlangsamt sein Tempo auch kurz vor dem Felsen nicht. Bevor er aufläuft, öffnet sich der Stein. Der Mann geht hinein, der Fels verschließt ihn in sich. Eine Frau steht vor einem großen blühenden Kastanienbaum, das Licht trifft so auf die Blätter, dass sie die Frau spiegeln. Sie steht vor einem riesigen Mosaik aus sich selbst. Sie spricht durch dieses und mit der Stimme des Windes zu den Menschen, die auf den Feldern der Ebene arbeiten.
Diese Szenen stammen aus einem Film aus unserer Region, den ich mir gestern angeschaut habe. Die Filme unserer Zeit sind alle vollkommen synthetisch hergestellt – perfekte Technobilder ohne eine echte Außenaufnahme und ohne Schauspieler. Je virtueller ihre Herstellungsweise desto mehr beschäftigen sie sich mit der Natur und der Eingebundenheit des Menschen in sie. Verschmelzungen und Dialoge mit der Natur kennzeichnen unsere Traumfabrik.
Entrückungen sind Augenblicksutopien, Almosen inmitten der Entfremdung, Tagträume der Ausgebeuteten, Trancezustände im Ungesunden. Wenn sie den Blickwechsel von Mann und Frau betreffen, bekommen sie einen schicksalhaften Überbau. Ist es die Liebe, die uns öffnet, stark macht und Hindernisse überwinden hilft? Eine sehenswerte hyperreale Fantasie der kanadischen Produktionsgesellschaft Spy Films zu diesem Thema: Nuit Blanche.
Keine Zeit ist zu verlieren, wenn bis zum Jahr 2015 Weltarmut und auf sie zurückzuführende Missstände halbiert werden sollen. Die Kampagne NoTimeLeft erinnert mit 8 Kurzfilmen von 8 namhaften Regisseurinnen und Regisseuren daran, dass noch viel auf den Weg zu bringen ist, wenn die Millenniumsentwicklungsziele auch nur annähernd erreicht werden sollen.
In der Dezember-Ausgabe der epd-Film nimmt Gamesforscher Michael Liebe den neuen Film von James Cameron zum Anlass, die Rolle des Avatars zu überdenken. In Camerons 500 Millionen Dollar schweren 3D-Kracher wird der Avatar aus der virtuellen Umgebung in die reale Welt des Planeten Pandora verschickt – eine wirklich innovative Mutation des hinduistischen Gottes.
Where is our money? – I don’t know … Michael Moore auf der Recherche nach den Regeln einer Welt, die von der 5. Macht beherrscht wird: der globalen Finanzwirtschaft. Der Film »Capitalism – A Love Story« kommt ab 12. November in die deutschen Kinos.
Ein neuer Science-Fiction-Film wirft die Frage nach einer Techno-Utopie auf, in der Menschen gänzlich auf „Real-Kontakte“ verzichten. Wer nachts mit der U-Bahn gefahren ist, weiß, dass es gute Argumente dafür gibt, die Stadt lieber via Webcam zu besichtigen. Aber die Traumfabrik schrammt am Kern der Simulakrumthematik vorbei und liefert die übliche Wild-West-Klopperei rund um Bruce Willis.
Dass das Leben einer Baustelle gleicht, ist ein ambivalenter Gemeinplatz. Dass Douglas Adams‘ Per Anhalter durch die Galaxis in seiner programmatischen Bedeutung für einen Utopisten nicht zu unterschätzen ist, mag jedem sofort einleuchten, der plötzlich einem Vogonen gegenübersteht.
Die Erdflüchtlinge wurden von den Vogonen gefangengenommen.